Documenta 14 - Kassel 2017

von Lea vollmer

Am 11.06.2017 machte der Grundkurs Kunst von Frau Franck eine Exkursion zur Documenta 14.

Die Documenta 14 wurde in Athen bereits Anfang April eröffnet und läuft dort noch bis zum 16. Juli.

 

Der Hauptschauplatz liegt in Deutschland und wurde von unserem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und griechenlands Präsident Prokopis Pavlopoulos am Samstag den 10.06.2017 in Kassel eröffnet. Sie wird insgesamt für 100 Tage, also bis zum 17. September, für 160 Künstler zur Verfügung stehen.

 

Der 1970 geborene Adam Szymczyk wurde vor fünf Jahren mit seinem Vorschlag, die Documenta 14 in zwei gleichberechtigten Städten durchzuführen, zum künstlerischen Leiter der Documenta gewählt. Noch vor der Eröffnung in Kassel sollte die in dem von der Finanzkrise und Geflüchteten geprägten Athen beginnen. Szymczyk rät den Besucher, möglichst unvoreingenommen zur Documenta zu kommen, sich treiben und überraschen zu lassen. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Eine Ausstellung sollte eine Erfahrung sein. Eine Erfahrung ohne große vorprogrammierte Erwartungen". Bis zu eine Million Gäste werden in beiden Städten erwartet. Szymczyk würde damit nicht nur mit dem Zwei-Städte-Konzept, sondern auch mit einem Besucherrekord in die Documenta-Geschichte eingehen.

 

Die in den meisten Fällen Neuproduktionen werden größtenteils von der Documenta finanziert. Dabei bleiben die Kunstwerke im Besitz des Künstlers und es wird ihm überlassen nach Beendigung der Documenta damit zumachen, was er für richtig hält. Die Hälfte der Kosten der Documenta wird von der Stadt Kassel und dem Land Hessen getragen und finanziert. Zusätzlich unterstützt wird sie durch die Kulturstiftung des Bundes, die andere Hälfte muss die Documenta 14 durch die Documenta-Shops und Eintrittspreise erwirtschaften.

 

Die Documenta-Shops verkaufen Stapel von Büchern und Werbeartikeln, wie die Turnbeutel mit d14-Eule, die Klebetattoos in Silber und Schwarz, die Documenta-Socken und bedruckte Klappstühlchen zum Mitnehmen. Auffällig dabei ist, dass sich die Produkte nicht in einheitlicher Optik gehalten wurden. Die verdrehte Eule wie die Zahl „14“ in gesprühter Schrift bilden den Großteil aller Motive, und doch lassen sich manche der Souvenirs auf den ersten Blick gar nicht mit der Documenta in Verbindung bringen. Mehrere Produkte, wie die schwarze Seife von Otobong Nkanga, das schwarze Bier von Emeka Ogboh und die zehenfreien Arbeitsschuhe von Irena Haiduk, sind Kunstwerke, die nicht sofort als solche erkannt werden.

 

Eintrittskarten können im Internet über die Website der Documenta 14 oder in den Documenta-Shops in Kassel und Athen erworben werden. Während die Ausstellungsorte in Athen oft kostenfrei zugänglich sind, können mit einer Eintrittskarte alle Ausstellungsorte der documenta 14 in Kassel besucht werden. Das Tagesticket kostet in Kassel 22 Euro, zwei Tage Documenta sind für 38 Euro zu haben und eine Dauerkarte kostet einen Euro pro Tag, also 100 Euro.

 

Außerdem kann ein Mitglied des sogenannten Chors, also einem Mitarbeiter der Documenta, kann die Besucher der Documenta 14 begleiten. Dabei geht der Chor auf die Interessen und Bedürfnisse der Besucher bzw. Besucherinnen ein und regt zu Dialogen, Diskussionen und Debatten an. Im Vergleich zum end der historische griechische Chor oft den Text des Stücks mit kollektiver Stimme aufsagte, laden die Mitglieder des Chors der documenta 14 die Besucher und Besucherinnen der Ausstellung ein, eine aktive Rolle im kritischen Denken über die künstlerischen Projekte einzunehmen. Auf diese Art und Weise werden die Besucher_innen zu Beitragenden der documenta 14. Das Ziel dieser Erfahrung“ ist es, eine Vielzahl von Stimmen zu kreieren, die außerhalb der Ausstellung, in weiteren Fragen, Dialogen, Geschichten und Gerüchten weiter klingen. Diese sogenannten Spaziergänge für Gruppen müssten allerdings im Webshop gebucht werden.

 

Aber jetzt mal etwas über die ausgestellten Kunstwerke!

 

"Museum Fridericianum" - der Schriftzug gehört zu Kassel wie der Herkules und der Bergpark. Doch stattdessen steht jetzt auf der Front des Gebäudes, in dem 1955 die erste Documenta stattfand: "Being safe is scary", also auf deutsch "Sicher zu sein, macht Angst". Ausgetauscht wurde der Schriftzug von der in der Türkei geborenen Künstlerin Banu Cennetoglu. Sie widmete sich bei der Documenta in Athen Gurbetelli Ersöz, einer prokurdischen Journalistin und früheren Freiheitskämpferin.

 

Er steht auf dem Friedrichtplatz an prominenter Stelle in Kassels Innenstadt, der "Parthenon der Bücher". Das Werk der argentinischen Künstlerin Marta Minujín ist das wohl auffälligste Kunstwerk der Documenta in Kassel - eine Nachbildung des antiken Tempels auf der Akropolis, verkleidet mit tausenden verbotener Bücher. Der Büchertempel sieht von weitem aus wie aus bunten Mosaiksteinchen gearbeitet. Ein erstes Exemplar gab es bereits 1983 in Buenos Aires kurz nach dem Ende der dortigen Militärdiktatur und dem Beginn der Demokratie. Damals allerdings bestand seine Verkleidung nur aus Büchern, die während der Militärherrschaft verboten waren. Diesmal umfasst er Werke aus der ganzen Welt - und das in genau den Ausmaßen, die sein berühmter "echter" Namensvetter aufweist: 70 Meter lang, 30 Meter breit und 20 Meter hoch.Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht die 1943 in Buenos Aires geborene Marta Minujín über ihre Pläne am Ende der 100-Tage-Schau. Auf die Frage wie zufrieden sie mit dem Fortschritt ihres Kunstwerkes sei, antwortete sie: „Ich hätte gern mehr Bücher! Mindestens 20 000 oder 25 000 mehr, dann könnten wir auch die andere Seite des Tempels fertigstellen. Ich bitte die Besucher der Documenta: Wenn 1000 Leute zehn Bücher mitbringen, hätten wir 10 000 mehr.“ Am Ende der Documenta werden die teilweise mehrsprachigen Bücher an die Bürger verteilt werden. Ihr Ziel ist ein Statement gegen das Verbot von Büchern und eine Anregung an die Menschheit über das geschehen der Welt nachzudenken.

 

Bescheidener in den Ausmaßen, aber mindestens ebenso gelungen ist das Betonröhren-Haus von dem Arnold-Bode-Preis-Gewinner Hiwa K., eines von vielen Kunstwerken zum Thema Flucht. Denn auch Hiwa K. floh an Bord eines LKWs in übereinandergestapelten Baurohren aus dem Irak. Der Künstler Hiwa K. hat die Rohre mithilfe von Studenten so ausgebaut, als lebten Menschen darin.

 

Der Hingucker am Ende der Documenta-Halle sind Guillermo Galindos Musik-Instrumente, die in Bootswracks hineingebaut sind.

 

Und auch die geisterhaften Gemälden von Miriam Cahn lohnen sich.

 

Die spitze Steinsäule auf dem Kasseler Königsplatz ist ein Beispiel, wie Documenta-Künstler in Kassel fortsetzen, was sie in Athen anfingen: Der in Nigeria geborene Olu Oguibe beschäftigte sich auf der Documenta in Griechenland mit der menschlichen Tragödie des nigerianischen Bürgerkriegs. Seine künstlerische Arbeit in Kassel bezieht sich nun laut den Ausstellungsmachern auf die humanitäre Hilfe, die die Opfer erhielten. "Ich war ein Fremdling und ihr habt mich beherbergt" steht in Deutsch, Englisch, Arabisch und Türkisch auf dem Obelisken.

 

In der alten Hauptpost verkauft die serbische Künstlerin Irena Haiduk ihre modischen und ergonomischen schwarzen Schnürschuhe mit offener Spitze. "" heißt Haiduks Kunst-Produktionsfirma. Sie stellt die legendären Borosana-Schuhe her, auch bekannt als Arbeitsschuhe für Kellnerinnen. Borosanas wurden in den 60er Jahren in Jugoslawien entwickelt. Nun tragen auch alle Mitarbeiterinnen der Kasseler und Athener Documenta Borosanas. Wer sie haben will, darf laut Vertrag nur arbeiten, wenn er die Schuhe trägt. Zieht man sie aus, darf man nicht mehr arbeiten.

 

Die historische Torwache in Kassel ist hinter alten Jutesäcken verschwunden. Das Kunstwerk wirkt zunächst wie eine schmutzige Miniversion der Reichtags-Verhüllung des Verpackungskünstlers Christo, entwickelt aber einen eigenen Charme: Der in Ghana geborene Künstler Ibrahim Mahama verwendet zerschlissene Säcke, die er von Händlern im Tausch gegen neue erhält. Jedes Stoffstück wirkt wie ein Unikat. "In diesen Säcken materialisiert sich die Geschichte des Welthandels", erklären die Documenta-Macher.

 

Überall in Kassel unterwegs: die Seifen-Verkäufer. Otobong Nkanga hat in Griechenland schwarze Seife produzieren und nach Kassel bringen lassen, wo sie verkauft wird, um weitere Seifen-Produktion zu finanzieren. Die handgemachten schwarzen Quader sollen das Bewusstsein für den Konsum verändern. Die Aktionskünstler, die die schwarze Seife aus Kohle und sieben Ölen verkaufen, wollen mit den Käufern über ihr Projekt reden. Wer also nur ein Andenken will, geht möglicherweise ohne eines der 45 000 Seifen-Stücke nach Hause.

 

Manchmal werdet ihr die Kunst nicht als solche erkennen. Denn Menschen, die auf Stufen lümmeln, können erschöpfte Besucher sein oder zur Performance "Staging" von Maria Hassabi gehören. Sich an einem Tesastreifen entlang tasten, an brummenden Bildern lauschen, über eine leere Bühne laufen - ist alles Kunst. Auch das Radioprogramm der Documenta 14 „Every Time A Ear di Soun“ gehört dazu. Alle Zeiten mit Live-Performances können in der hauseigenen Zeitung nachgelesen werden.

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